Was ist eigentlich ein Newsroom?

Autorin: Patricia Fiebig
 
Ein Newsroom ist nicht einfach nur ein Raum. Er versteht sich als geistiges Konzept und organisatorische Einheit. Während die Journalist:Innen bis in die späten 90er Jahre hinter verschlossenen Türen weitestgehend autark arbeiteten, ist der Newsroom heute der zentrale Umschlagplatz, an dem alle Fäden zusammenlaufen: Es wird recherchiert, editiert und konferiert. Alles in einem Raum. Die Wände sind übersät mit Bildschirmen, auf denen zeitgleich Nachrichten eingehen, beobachtet und bewertet werden. Diese erhöhte Flexibilität und Transparenz sollen sich nicht nur räumlich, sondern besonders mental widerspiegeln. So wurden die interne Infrastruktur und auch die Hierarchieebenen deutscher Verlagshäuser auf den Kopf gestellt.
 
„Coole Idee,“ würde Starinvestor Frank Thelen nun sagen. „Aber ist die auch skalierbar?“ Redaktionelle Arbeit ist immer auch ein kreativer Prozess, der nicht beliebig hoch-  und runtergefahren werden kann wie eine gut geölte Maschine. Wenn jedoch alle in einem Raum sitzen, vereinfacht es die Kommunikation im Team und so die Effizienz der Arbeit steigern. Die Implementierung eines Newsrooms ist jedoch kein Sparprogramm: hohe Initialkosten für Räumlichkeiten und technisches Equipment sind hier nur die Spitze des Eisbergs. Jeder Newsroom muss individuell auf das Unternehmen zugeschnitten werden. Es gibt keine One-Size-fits-all Lösungen. Außerdem muss der Übergang in den Newsroom immer von einer Change Management Strategie flankiert werden, die den Mitarbeiter:Innen hilft, sich im neuen Umfeld zurecht zu finden. Zu guter Letzt bringen die flachen Hierarchien den Newsrooms mehr Verantwortung der Redakteur:Innen mit sich. Der Mensch ist das wichtigste Kapital des Unternehmens und hier gilt es zu investieren.
 
Im Newsroom gilt Content is King. Die Auswahl des Mediums ist nachrangig. So verschwimmen die Grenzen zwischen den einzelnen Abteilungen und die Zusammenarbeit funktioniert themen- und ressortübergreifend. Dafür bedarf es neuer Storytelling Konzepte.  Eine Geschichte sollte auf der Website anders erzählt werden als auf Instagram. So können auch etablierte Medien und Unternehmen eine junge Zielgruppe erreichen und ihre Reichweiten steigern. Dennoch befürchten Kritiker:Innen, dass die erhöhte Dynamik im Newsroom im Profilverlust eines Mediums mündet. Unter den Dächern des Axel Springer Newsrooms in Berlin werden so beispielsweise die konservative Welt und die eher liberale Berliner Morgenpost von den gleichen Redakteur:Innen produziert. Kann das funktionieren? Befürworter:Innen des Newsrooms erhoffen sich von der Ausdifferenzierung der Kommunikationskanäle eine höhere Interaktion mit dem Content und so eine größere Pluralität an Themen und Meinungen im öffentlichen Diskurs. Die Journalist:Innen sitzen nicht im stillen Kämmerlein, sondern bauen aktive Austauschbeziehung zu den Leser:Innen und deren Interessen auf. So entsteht ein sich selbst befeuerndes System aus In- und Output. Damit dies gelingt bedarf es dem Innovationsgeist der Redakteur:Innen. Besonders für Digital Natives gehört das technische Know How inzwischen zum Alltag. Andere Generationen mussten sich dies erst noch mühsam erarbeiten. Nichtsdestotrotz bedarf es langjähriger Erfahrung und eines besonderen Fingerspitzengefühls um Themen einschätzen, platzieren und organisieren zu können. So kann im Newsroom jeder seine besonderen Skills einbringen und von den Teamkollegen lernen.